Unter dem Motto „Afghanistan – was geht uns das an?“ kam auf Einladung der Fachschaft Geschichte/Sozialkunde am 18. Januar 2019 Dr. med. Reinhard Erös zu uns an die Schule – ein alter Bekannter, der schon vor Jahren, als die Aula noch nicht Brandschutz saniert war, in seiner Mission für Afghanistan an der FOSBOS Augsburg Vorträge gehalten hat. Dieses Mal durften Schüler*innen der 12. und 13. Klassen an seinem informativen und sehr anschaulichen Vortrag teilnehmen.
Seit 1987 engagiert sich der in der Oberpfalz beheimatete Erös besonders in und für Afghanistan. Die u. a. durch die militärische Intervention und Besatzung des Landes durch die damalige Sowjetunion (1979-89) und die folgende Herrschaft der Taliban (1996-2001) hervorgerufene Not des Landes brachte Reinhard Erös dazu, sich für mehrere Jahre als Oberstarzt der Bundeswehr ohne Bezahlung beurlauben zu lassen, um als Arzt für eine internationale Organisation direkt vor Ort helfen zu können. Mit seiner Frau Annette Erös und den damals vier kleinen Kindern lebte er bis Ende 1990 in der afghanisch-pakistanischen Grenzstadt Peschawar. In diesen Jahren wurden viele Tausend Verletzte und Kranke, vor allem Frauen und Kinder, in primitiven Höhlenklinken medizinisch versorgt. Wie gefährlich und schwierig diese Jahre für Erös und seine Familie waren, kann man in seinem sehr empfehlenswerten Buch „Tee mit dem Teufel. Als deutscher Militärarzt in Afghanistan“ (2002) lesen.
In seinem gut zweistündigen Vortrag behandelte Erös ganz verschiedene Themen zu diesem Land. Die Aufmerksamkeit der Schüler*innen hatte der Referent spätestens nach fünf Minuten, als er mit einer Anekdote seine Präsentation eröffnete. So erzählte er, dass, als er an einer anderen Schule seinen Vortrag gerade begonnen hatte, ein junger Mann auf einmal einen schrecklichen Panikanfall bekommen habe. Es stellte sich heraus: Dieser junge Mann hatte bei einem normalen Urlaub seine gesamte Familie verloren – aufgrund eines Terroranschlags von Afghanen.
Genau dies sei wohl auch das Bild, das heutzutage viele Menschen im Kopf haben, wenn sie an Afghanistan denken würden. Oftmals werde das Land mit Terrorismus in Verbindung gebracht. Genau an dieser Stelle setzte Erös an, erzählte ausgiebig von seinen eigenen Erfahrungen mit diesem Land und ließ dabei auch geschichtliche Aspekte nicht außer Acht.
Reinhard Erös gab so zunächst einmal einen groben Überblick über das Land selbst. Gelegen in einer bekanntermaßen trockenen und heißen Region wurde den Schüler*innen vermittelt, dass es dennoch hohe Gebirge gibt, wodurch es in den Regionen zu Temperaturunterschieden von teilweise über 50°C kommt, und die Fortbewegung aufgrund mangelnder und teilweise nur unter Gefahr befahrbarer Wege deutlich erschwert wird. Außerdem berichtete er von den zahlreichen Volksgruppen, die in diesem Land leben. Er gab in diesem Zusammenhang viele Informationen über die beiden größten Gruppen in diesem Land: die Pashtuns, welche wir, als Außenstehende, als die „typischen“ Afghanen bezeichnen würden; und die Hazaras, welche zur Überraschung vieler Schüler auch Afghanen sind, obwohl sie vom Äußeren her eher dem asiatischen Raum zugeordnet werden würden.
Besonders ging Dr. Erös jedoch auf die Geschichte ein. So berichtete er sowohl aus der Zeit, als die Sowjetunion das Land besetzt hatte, als auch von der gewaltsamen Machtübernahme durch die Taliban und welche Schwierigkeiten sich dabei, vor allem für seine Arbeit, ergaben. Er erzählte von den Höhlenkliniken, in denen er so gut es ging, die Menschen verarztete. Immer wieder musste er mit seiner Frau zwischen Afghanistan und Pakistan pendeln – und das Ganze illegal. Er schilderte die Angst davor, von den sowjetischen Armeen erwischt zu werden, denn das wäre das Ende seiner Familie und seiner Arbeit gewesen.
Mit weiteren Informationen zu diversen Teilbereichen, wie beispielsweise dem Nationalsport Buzkaschi, 9/11 oder der Involvierung Deutschlands und Amerikas, hat Erös einen vorstellbaren Bezug zu den Menschen in Afghanistan hergestellt und wollte darlegen, woher dieses Volk seine Eigenschaften hat. Vor allem hat er die Schüler*innen darauf aufmerksam gemacht, dass viele Menschen in diesem Land keineswegs Terroristen sind, sondern genauso Hilfe benötigen, wie Menschen in anderen Krisengebieten der Erde.
Genau darauf hat sich die Stiftung von Dr. med. Reinhard Erös und seiner Frau Annette mit ihren mittlerweile erwachsenen fünf Kindern konzentriert. Ihre Initiative „Kinderhilfe Afghanistan“ wurde 1998 ins Leben gerufen. Ausschließlich mit Hilfe von Spenden haben sie es bis heute geschafft 30 Schulen zu bauen, davon mehrere christlich-muslimische. Zudem entstanden über die Jahre eine Universität, mehrere Waisenhäuser, Ausbildungsstätten, Frauenhäuser und weitere Hilfsprojekte. Der besondere Fokus liegt bei ihnen auf Bildung, denn sie sind davon überzeugt, dass Bildung hilft, die Missstände in dieser Region und auch in anderen Erdteilen unter Kontrolle zu bringen. So appellierte der Referent auch an die Schüler*innen, da sie ja auch gebildet seienden Mut zu haben, sich in der Politik zu engagieren, um so möglicherweise einen positiven Beitrag in der globalen Gesellschaft zu leisten.
Wer sich näher für das Projekt „Kinderhilfe Afghanistan“ von Dr. Reinhard und Annette Erös interessiert, erhält alles Wissenswerte und Informative unter www.kinderhilfe-afghanistan.de .
Wir danken Herrn Erös auf jeden Fall sehr für seinen Vortrag und wünschen ihm und seiner Familie weiterhin viel Erfolg mit den Projekten, Gesundheit, Glück und friedliche Stunden!
Abschließend soll er selbst noch zu Wort kommen, denn er ist für die FOSBOS Weiden Pate des Netzwerkes „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, einem Projekt, dem ja auch unsere Schule angehört.